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Die Facebook-Problematik


oder: Wie eine Welt plötzlich aufwacht



Zuallererst ein paar Fakten: Im Folgenden gibt es drei große Akteure, die ihre Finger im Spiel haben:
Facebook an sich, die Facebooknutzer und Cambridge Analytica, eine Datenanalyse-Firma, die versucht, Internetnutzer durch Fakenews und dergleichen zu manipulieren. Sie brüstete sich neuerdings damit, bei dem Brexitvotum und auch bei den amerikanischen Wahlen seine Finger im Spiel gehabt zu haben; das war der Auslöser des ganzen Debakels. Um seine Nutzer genauer kennenzulernen und damit auch zu bestimmen, wer wie auf etwaige meinungsbildenden Einflüsse reagiert, braucht Cambridge Analytica viele Nutzerdarten, um daraus Profil– und Benutzergruppen zu erstellen.
Im Falle von Facebook hat sich das Analytikunternehmen diese Daten sehr hinterlistig beschafft. Von Facebook selbst wurde auf seiner Plattform eine freiwillige Nutzerumfrage geschaltet, die bei Teilnahme eine geldliche Belohnung vorsah; im Gegenzug mussten die Teilnehmer sehr intime persönliche Informationen hinterlassen, die mit sonstigen Informationen aus dem Facebookprofil verknüpft wurden. Ein kleiner Einblick: Allein aus den Informationen, die ein durchschnittlicher Facebooknutzer in seinem Account hinterlässt, kann Cambridge Analytica 98 Fakten über die Person herausfinden, die nicht nur den Beruf, sondern unter anderem zum Beispiel die Besoldung umfassen.

Doch zurück zum Thema: Nachdem die Teilnehmer der Umfrage bestätigt hatten, dass sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) gelesen, akzeptiert und das Formular abgeschickt hatten, nahm die eigentliche Misere ihren Lauf. Die AGBs sahen nämlich vor, dass Cambridge Analytica mit der Teilnahme nicht nur die eingegebenen Informationen des Partizipanten verwenden darf, sondern auch Zugriff auf die Daten aller Facebookfreunde des Teilnehmers hat.
So hatte das Analyseunternehmen nicht nur auf die ca. 271.000 Nutzerdaten der der Umfrage teilnehmenden Nutzer legalen Zugriff, sondern auf satte 50 Millionen Datensätze, Tendenz steigend.
Wer sich jetzt fragt, wie Cambridge Analytica genau an die weiteren Informationen der Facebookfreunde kommt, der tut das zurecht. Hier kommt Facebook ins Spiel: Der Konzern stellt Entwicklern, die in beispielsweise ihr Projekt eine Interaktion mit Facebook integrieren, eine Schnittstelle bereit, die es ermöglicht, große Datensätze über jeden Facebooknutzer bereitzustellen. Eine Bedingung gab Facebook zur Nutzung dieser Schnittstelle jedoch: Das Verwenden der Nutzerdaten musste zur Verbesserung des Projektes beitragen, an dem der Entwickler arbeitet. Eine wahrlich weitgefasste Formulierung, die auf Cambridge Analytica sehr gut zutraf, schließlich konnte man dadurch ja die Nutzer kennenlernen und bessere Voraussagen tätigen.
Allerdings durften so gewonnene Daten nicht zu Marketingzwecken gebraucht oder verkauft werden - diese Bedingung missachtete die Firma stumpf.
Diese Schnittstille ist mittlerweile verschwunden.

Was lernen wir daraus?
Vermutlich nichts. Was dieser Zwischenfall aber wieder zeigt, ist, dass die Welt von Datenskandal zu Datenskandal schlittert, ohne signifikant daraus zu lernen. Warum klagt man denn erst, wenn es zu spät ist, um dann wieder genauso weiterzumachen, wie zuvor? Es war schließlich schon lange und jedermann bekannt, dass datenschutztechnisch Facebook und Co. grenzwertig, wenn nicht sogar grenzüberschreitend, sind. Natürlich wird es Veränderungen geben, die aber nicht so tiefgreifend sind, als dass sie großen Einfluss hätten. Vielleicht wird dieses Mal alles anders...
Immerhin gab es einen doch recht publikumswirksamen Impuls: Elon Musk, Chef des Elektroautokonzerns Tesla, löschte mit sofortiger Wirkung seinen den Account des Unternehmens und seiner Raumfahrtfirma SpaceX. Achja, und der Cambridge Analytica-Chef wurde gefeuert.

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